Kaum ist der Schnee geschmolzen, treten überall in der Eifel auf Waldlichtungen die jungen Blattrosetten des Roten Fingerhuts (Digitalis purpurea) aus dem Vorjahr zutage. Wie schaffen es die Blätter, bei Minustemperaturen unter der Schneedecke grün zu bleiben? Ihr Geheimnis ist ein Frostschutz, den die Pflanze selbst produziert, indem sie große Stärkemoleküle in wesentlich kleinere Glucose- und Glycerinmoleküle zerlegt. Die schiere Menge der auf diese Weise neu entstandenen Teilchen senkt den Gefrierpunkt. So wird die Bildung von Eiskristallen in den Zellen und damit deren Platzen verhindert. Mit diesem Prozess muss die Pflanze mindestens einen Tag vor dem Kälteeinbruch beginnen, sonst erfriert sie. Zusätzlichen Schutz vor allzu tiefen Temperaturen bietet die isolierende Schneedecke. Oft taut der Boden darunter sogar etwas auf. Damit die Rosetten komplett zugeschneit werden, liegen sie flach auf der Erdoberfläche. Die wintergrünen Blätter schützen ihrerseits die Überdauerungsknospen der zweijährigen (übrigens hochgiftigen) Pflanze, aus denen im Frühsommer der Austrieb der attraktiven, purpurroten Blütenstände erfolgen wird.